Offener Brief an Eltern schulpflichtiger Kinder in NRW zum Jahresende 2020
Liebe Eltern,
in wenigen Tagen geht ein Jahr zu Ende, das uns alle privat wie beruflich gefordert hat. Aktuell haben die zwischen der Bundesregierung und den Ländern abgestimmten Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie noch einmal den Ernst der Lage verdeutlicht und für zahlreiche Veränderungen und zusätzliche Herausforderungen gesorgt.
Die am Freitag der vergangenen Woche beschlossenen Maßnahmen zum Unterrichtsbetrieb haben in dieser Woche für die Schulen, aber auch für viele von Ihnen zu organisatorischen, kurzfristig vorzunehmenden Veränderungen geführt. Angesichts der wieder deutlich angestiegenen Infektionszahlen war es jedoch notwendig – anders als bisher – auch den Schul- und Unterrichtbetrieb anzupassen, um Kontakte zu reduzieren.
Dabei hat sich die Landesregierung weiter von der Grundüberzeugung leiten lassen, dass Präsenzunterricht gerade für die jüngeren Schülerinnen und Schüler von grundlegender Bedeutung ist. Gleichzeitig war es uns ein Anliegen, es Ihnen in dieser besonderen Zeit vor Weihnachten zu ermöglichen, Ihre Kinder lieber Zuhause zu betreuen. Wir haben daher die Präsenzpflicht für diese Woche aufgehoben.
Diese besonderen Regelungen lassen sich auf den Unterrichtsbetrieb nach den Weihnachtsferien jedoch nicht übertragen. Wir erwarten, dass der so genannte „harte Lockdown“ die erhoffte Wirkung erzielt und es gelingt, die Infektionszahlen bis zum Wiederbeginn des Unterrichts am 11. Januar 2021 deutlich zu reduzieren.
Wird dieses Ziel nicht erreicht, müssen Sie sich als Familien mit schulpflichtigen Kindern leider darauf einstellen, dass erneut besondere Maßnahmen zur Gestaltung des Schulbetriebs ergriffen werden müssen. Dies kann in Abhängigkeit vom regionalen Infektionsgeschehen, aber auch von Schule zu Schule unterschiedlich sein.
In diesen verschiedenen Abwägungsprozessen hat die weitgehende Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts gerade für die jüngeren Kinder, für einen Großteil der Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung sowie für jene, die in diesem Schuljahr vor Abschlussprüfungen stehen, oberste Priorität für die Landesregierung. Denn aus den Erfahrungen des eingeschränkten Präsenzunterrichts im Frühjahr wissen wir, was es für Kinder und Jugendliche bedeutet, wenn sie nicht täglich zur Schule gehen können – sowohl sozial als auch für den Lernerfolg.
Ihre Sorgen als Eltern und auch die Ihrer Kinder sind während der Pandemie sehr unterschiedlich, aber allesamt berechtigt: Jugendliche, die vor dem Ende ihrer Schullaufbahn stehen, machen sich Gedanken um ihre Abschlüsse; Eltern jüngerer Kinder sorgen sich hingegen darum, ob das Fundament, das jetzt für den weiteren schulischen Bildungsprozess ihres Kindes gelegt wird, stabil genug ist. Und Eltern von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen fürchten, dass die Teilhabe an Bildung und Gesellschaft nachhaltig gefährdet wird.
Ich versichere Ihnen, dass die Lehrkräfte Ihrer Kinder sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst sind, sich ihr stellen und vielfach bis an die eigenen Belastungsgrenzen gehen, um Ihre Kinder zu unterstützen und zu fördern. Und auch die Landesregierung hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die bisherigen Auswirkungen der Pandemie zu kompensieren und einen Schulbetrieb zu ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise die zusätzlichen Ferien- und Förderangebote in den Sommer- und Herbstferien sowie an den Wochenenden, die bis zum Ende des laufenden Schuljahres fortgesetzt werden. Mit dem Beginn des zweiten Schulhalbjahres rücken insbesondere für Schülerinnen und Schüler, die Abschlussklassen besuchen, die wichtigen Prüfungen in der Jahrgangsstufe 10 oder im Abitur näher. Derzeit wird im Ministerium für Schule und Bildung alles dafür getan, dass den Abschlussjahrgängen keine Nachteile durch die Pandemie entstehen.
Die Planungen – Stand heute und in Abhängigkeit der weiteren Entwicklung der Pandemie – sehen vor, die zentralen Abschlussprüfungen zeitlich so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. Ziel ist es jedoch, dass sie innerhalb des zweiten Schulhalbjahres noch beendet werden können. Zudem haben wir zusätzliche Prüfungsaufgaben in den einzelnen Fächern erstellen lassen, um den Lehrkräften mit Blick auf den von ihnen erteilten Unterricht größere Auswahlmöglichkeiten für Prüfungsaufgaben zu geben.
Schulen sind keine Infektionsherde, das haben das Robert-Koch-Institut und andere Wissenschaftler wiederholt festgestellt. Dies zeigen aber auch die Ergebnisse einer wöchentlichen Umfrage an den Schulen in Nordrhein-Westfalen, die das Ministerium für Schule und Bildung erhebt und die transparent auf unserer Homepage unter www.schulministerium.nrw.de veröffentlicht werden. Allerdings macht das Infektionsgeschehen auch vor den Schulen nicht Halt. Daher muss das Ansteckungsrisiko minimiert werden, was beispielsweise zur Maskenpflicht geführt hat.
Liebe Eltern, ich weiß, was ich Ihnen und Ihren Familien in den vergangenen Wochen abverlangt habe. Ich darf Ihnen aber versichern, dass alle Entscheidungen immer sorgfältig abgewogen wurden und nur dem Ziel untergeordnet waren und sind, die Gesundheit und das Wohl Ihrer Kinder und Familien zu schützen sowie die Bildung für alle Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Dieser Kompass wird mich auch im neuen Jahr leiten.
Vor uns allen liegt ein Jahreswechsel mit Festtagen, die anders verlaufen werden, als wir das gewohnt sind.
Mit den zusätzlichen unterrichtsfreien Tagen am 21. und 22. Dezember 2020 sowie am 7. und 8. Januar 2021 tragen wir dazu bei, Begegnungen zu reduzieren und damit das Infektionsgeschehen einzudämmen. Die Schulen sind hier in ein Bündel von Maßnahmen eingebunden, die viele Bereiche unseres gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Lebens betreffen.
Dass für viele berufstätige Eltern mit diesen zusätzlichen unterrichtsfreien Tagen persönliche organisatorische Probleme verbunden sind, wissen wir. Deshalb wurde für jüngere Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht privat betreut werden können, eine Notbetreuung in den Schulen eingerichtet. Für Eltern von Kindern mit komplexen Behinderungen haben wir hier die Regelungen so ausgelegt, dass, falls erforderlich, auch ältere Schülerinnen und Schüler in die Notbetreuung einbezogen werden sollen.
Trotz aller Einschränkungen, die insbesondere an diesen letzten Tagen des Jahres gelten, wünsche ich Ihnen eine friedvolle und schöne Zeit an Weihnachten und zum Jahreswechsel. Wir alle hoffen, dass die medizinischen Fortschritte und die Impfungen es zunehmend ermöglichen werden, im kommenden Jahr allmählich in einen Alltag zurückzukehren, wie wir ihn uns wünschen. Allerdings bedarf es hier sicher noch etwas Geduld.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien frohe Festtage und alles Gute für das neue Jahr 2021!
Ihre
Yvonne Gebauer
Quelle: Schulministerium NRW